Kein Food Waste auf dem Niesen


Lebensmittelverschwendung – ein Thema, das derzeit besonders bewegt. Anfang April veröffentlichte der Bund einen Aktionsplan: Bis 2030 soll die Vergeudung von Nahrungsmitteln verglichen mit dem Jahr 2017 halbiert werden. Der Niesen machts vor.

Seit drei Jahren arbeitet das Berghaus Niesen Kulm mit Kitro, seit letztem Jahr mit Wormup. Mit diesen beiden Partnern soll der Food Waste minimiert sowie das Gipfelrestaurant nachhaltiger gemacht werden. Aber was genau machen die beiden Partner?

«Mit Kitro – Kitchen Hero – werden unsere Abfälle überwacht», erklärt Küchenchefin Maja Rigler. Die Abfälle werden gewogen und fotografiert, aus den Daten werden Statistiken erstellt. «Auf den Fotos können wir genau sehen, ob es wirklich nötig war, das Essen zu entsorgen oder nicht», sagt Rigler. Beispielsweise sei es als Koch geläufig, dass die ersten beiden Salatblätter immer entfernt werden sollten. Dabei sei dies gar nicht unbedingt nötig, meint Rigler. «Wenn die Blätter noch brauchbar sind, ist es eine Verschwendung, wenn man sie in den Abfall wirft.»

Küchenchefin Maya Rigler erklärt, wie das Kitro-Station-System funktioniert.

Konstant werden Daten über die Kitro-Stationen im Berggasthaus nach Zürich übermittelt. Dort werden die Daten ausgewertet. «Wir haben online Zugriff auf die Auswertungen, aber wir haben nicht immer Zeit, diese anzuschauen», sagt Rigler. Wöchentlich und dann vor allem auch monatlich werden die Daten studiert und entsprechende Änderungen eingeführt.

Viele Änderungen in der Küche

Am Anfang waren die Zahlen relativ hoch. «Wir haben gar nicht gemerkt, wie viel wir überproduzierten», erzählt Rigler. Teilweise wurde für das Buffet zu viel gemacht, teilweise waren einfach die Portionen zu gross. Denn: Aber auch das Verhalten der Gäste werde überwacht. «Wir haben zwei einzelne Kitro-Stationen – eine für die Küche und eine für die Gäste.» Dort werde kontrolliert, wie viel die Gäste jeweils zurückgeben. Dabei werden auch die Portionen etwas angepasst. Beispielsweise beim Gemüse: «Früher gaben wir relativ viel Gemüse heraus», sagt Rigler. Für Frauen trotzdem meistens zu wenig, für die Männer zu viel. «Wir suchten dann einen Mittelweg zwischen den beiden Wünschen.»

Das Niesen-Restaurant will so wenig Food-Waste wie möglich betreiben.

Meistens werden aber beim Personal selbst Änderungen durchgeführt. Entsorgt jemand besonders viel Lebensmittel, frage Rigler nach, warum. Teilweise werden aber auch neue Regeln eingeführt. «Beispielsweise sollen grosse Reste, die am Abend noch übrig sind, immer zuerst zu mir kommen», sagt Rigler. Als Küchenchefin entscheide sie dann, ob sie diese am nächsten Tag wiederverwerten können oder ob sie in den Abfall müssen.

Auch Wetter kann Abfall beeinflussen

Neben den Gästen und der Produktion selbst gibt es aber auch noch andere Faktoren, die die Abfälle beeinflussen. Wie das Wetter. An einem schönen Tag produziere die Küche generell eher mehr, da es auch mehr Gäste hat. Folgen dann drei Regentage, fallen die Gäste plötzlich weg – und das Essen in den Abfall. Selbst wenn Gäste kommen: «Sie kommen mit der Bahn und nicht zu Fuss.» Sprich, sie haben viel weniger Hunger als normalerweise die Wanderer.

Auch das Verhalten der Gäste hat einen grossen Einfluss auf den Foodwaste.

Auch durch den Einbezug solcher Faktoren konnte in den drei Jahren die Menge an Abfall bereits um über die Hälfte reduziert werden. Trotz der guten Zahlen soll der Abfall noch weiter vermindert werden. Aber: «Null ist nicht realistisch», sagt Geschäftsführer Urs Wohler. Das Berghaus wolle sich aber sicherlich weiterhin zu dem Thema Gedanken machen. «Weltweit leiden 800 Millionen Menschen an Hunger – und wir leben hier im Paradies», sagt Wohler. Deshalb lohne es sich, beim Thema Food Waste genau hinzuschauen und zu überlegen, wie man damit umgehe.

Neben dem grossen Ganzen will Wohler auch die Details unter die Lupe nehmen. «Für uns ist vor allem wichtig, wie sich die einzelnen Produktegruppen entwickeln.» Beispielsweise sei das Rührei auf dem Morgenbuffet häufig ein Problem. Auch hier solle nach Verbesserungsmöglichkeiten gesucht werden.

Geschäftsführer Urs Wohler neben den Worm-Up-Kisten. Auch sie sollen helfen, den Abfall zu reduzieren.

Teilweise lässt sich der Abfall allerdings gar nicht vermeiden, beispielsweise beim Rüsten. Aber auch dafür hat die Niesenbahn eine Lösung: Wormup. Bei der Talstation stehen drei Kisten, gefüllt mit Rüstabfällen, Kaffeesatz, Eierschalen – und Würmern. Diese essen und verarbeiten die Rüstabfälle – zumindest einige davon. Orangen- oder Zitronen gehören dort nicht rein, pro Woche dürfen 22 Kilogramm in die Kisten gelangen.

Wie aber kam die Niesenbahn überhaupt auf die beiden Unternehmen? «Kitro ist ein Milestone-Gewinner», erklärt Wohler. So sei die Bahn auf sie aufmerksam geworden und habe den Kontakt aufgenommen. Dann haben sie schnell realisiert: «Das Unternehmen hilft uns, uns in der Gastronomie weiterzuentwickeln.» Wormup sei die «Konsequenz» der Zusammenarbeit mit Kitro. «Wenn man Rüstabfälle hat, muss man auch etwas damit machen», sagt Wohler. Das kleine Unternehmen habe eine Lösung geboten, die sie sehr interessant fanden.

Bei Worm-Up kompostieren Würmen den Abfall.

Weitere Partnerschaften sind derzeit noch nicht geplant. «Wir versuchen auch, vom Netzwerk der beiden Unternehmen zu profitieren», sagt Wohler. Die Niesenbahn tausche sich mit anderen Partnerbetrieben der beiden Firmen aus. «Dabei können wir auch einiges lernen – und unsere eigene Erfahrung weitergeben.» Aber: Auch wenn die Niesenbahn derzeit bei diesen beiden Partnerschaften bleibt, sie seien «auch offen für weitere Partner», wenn ein Startup mit einer guten Idee um die Ecke komme.

Die Zusammenarbeit mit seinen derzeitigen Partnern könne Wohler nur weiterempfehlen. «Wir arbeiten engagiert zusammen», sagt der Geschäftsführer. Dabei spornen sie sich auch gegenseitig an und helfen sich bei der Weiterentwicklung. «Die Zusammenarbeit mit den beiden Unternehmen ist sehr unkompliziert», meint Wohler. Er freue sich darauf, den Abfall des Restaurants mit ihnen noch weiter zu minimieren.

Ein paar Fakten zum Jahr 2021
Abfall pro Gast: 37 Gramm, 14 Prozent weniger als 2020
Total erspart: 1815 Kilogramm
Total Abfall: 2200 Kilogramm, drei Prozent mehr als 2020
Am meisten weggeworfene Produkte: Pommes frites, Pasta, Reis, Kartoffelstock, Rührei

Dieser Artikel ist ursprünglich auf jungfrauzeitung.ch erschienen.

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