In der Pandemie sind sie auf die Idee gekommen: Seit knapp einem Jahr betreiben Patricia Glauser Edreira und Jenny Sterchi das Projekt Fabrik3770. Nun haben sie sogar ein Büro – selbst renoviert.

Vor Kurzem war dieser Raum noch grau und trist, jetzt leuchtet er schon beinahe. Die grossen Fenster lassen viel Licht herein, die hellblauen Wände sorgen für eine gemütliche Atmosphäre. In einer Ecke sitzt ein einsames Huhn auf einem Stuhl, mitten im Raum ein Tisch, bedeckt von Flyern und Plakaten.
Rund ein Event pro Monat
Das ist der neue Standort der Fabrik3770. Das Ziel: Den Menschen in Zweisimmen die Kleinkunst näherzubringen. «In der Pandemie stellten wir fest, dass uns bereits vor der Pandemie diverse kulturelle Möglichkeiten in Zweisimmen gefehlt haben», sagt Jenny Sterchi, einer der Köpfe hinter dem Projekt. Ihre Partnerin: Patricia Glauser Edreira. Auch sie meint: «Wir wollten zu einem normalen Preis Kunst für jedermann anbieten – und zwar nicht in einem riesigen Format.»

Auf die Idee der Fabrik3770 kamen sie im Oktober 2020, Anfang Juni 2021 führten sie mit Tobias Jensen das erste Konzert durch. Seither organisieren sie verschiedenste Events an verschiedensten Orten – aber immer in der Region. Vom Basteln mit Kindern bis hin zu Lesungen bieten sie alles an. Im Durchschnitt organisieren sie einmal im Monat einen Anlass. «Es kommt immer darauf an, wie viel gerade sonst noch läuft», sagt Glauser Edreira.
Ein knappes Jahr zeigt: Die Bevölkerung möchte die Fabrik3770 nicht mehr missen. «Wir haben sehr gutes Feedback bekommen», sagt Glauser Edreira. Am Anfang sei es schwierig gewesen, bis ihr Projekt einen gewissen Grad an Bekanntheit hatte. «Irgendwann sprach es sich herum, und die Menschen wurden interessierter.» Dem schliesst sich auch Sterchi an: «Immer wieder kommen Menschen zu uns und fragen: Wann ist der nächste Event?»
Die Antwort: Schon bald. Am 2. April organisieren sie gemeinsam mit der Klimagruppe Simmental einen Flohmarkt sowie einen Kinoabend. Dabei zahle ein Sponsor die Filmrechte und wird dafür auf dem Plakat erwähnt, erklärt Glauser Edreira. Die beiden versuchen meistens, ihre Events mit Sponsoren zu finanzieren. Sie verlangen auch immer Eintritt, aber nicht besonders viel. «Das Ziel ist nicht, das grosse Geld zu machen», sagt Sterchi. Im Moment sei es einfach ein Hobby.

Beide Mütter arbeiten neben dem Projekt noch. Glauser Edreira selbstständig, Sterchi ist angestellt. Wie finden sie neben Job und Familie noch Zeit, für das Projekt zu arbeiten? Es gebe schon Zeiten, in denen es etwas stressig werde. «Manchmal müssen wir mehr machen, manchmal weniger», erklärt Sterchi. Sie könnten es sich aber auch durchaus vorstellen, die Fabrik3770 als Vollzeit-Job zu betreiben. Auch wenn Sterchi den Mix möge: «Manchmal wünsche ich mir schon, dass ich etwas mehr Zeit für das Projekt hätte.»
Grosser Traum in weiter Zukunft
Denn: Eigentlich würden sie die Fabrik3770 gerne auch noch etwas ausbauen. Der grosse Traum: «Ein kleines Gebäude mit einem Eventraum – inklusive AirBnB und einem Restaurant», sagt Glauser Edreira. Ob es jemals dazu kommen werde, wissen sie im Moment noch nicht. Sie sind sich aber sicher: Wenn, dann liege es noch in weiter Zukunft.
Aktuell reicht das Büro. Dieses haben sie aus einem bestimmten Grund eröffnet: «Die Menschen fragten uns immer, wo sich die Fabrik3770 überhaupt befinde», erklärt Sterchi. Sie hielten es deshalb für sinnvoll, ein Büro zu eröffnen – welches sie selber renoviert haben. «Ich finde es schön, wenn man dann sieht, was man aus einem Raum machen kann, wenn man etwas Arbeit reinsteckt», sagt Sterchi. Nur bei einem Strom-Problem haben sie sich von aussen Hilfe geholt.

Saniert ist es inzwischen fast komplett, nun muss nur noch fertig eingerichtet werden. Bisher steht nur ein Tisch im Raum – und ein Stuhl mit einem Plüschhuhn darauf. «Osterdeko», erklärt Sterchi auf die Frage nach dem Huhn. Anstelle des traditionellen Osternestes mit Eiern haben sie sich für das Plüschtier entschieden. Im Innern befinden sich zwei Toneier – zumindest theoretisch. «Sie sind leider beide schon kaputtgegangen», sagt Glauser Edreira. Sterchi erklärt die nicht ganz normale Osterdeko: «Ich dekoriere gerne auch etwas unkonventionell.» Vielleicht eine kleine Vorschau darauf, wie der Raum am Ende aussehen wird.
Denn fertig sind sie noch lange nicht: «Wir möchten noch ein Sofa hineinstellen und eine bequeme Sitzecke mit Kissen machen», sagt Glauser Edreira. Das Büro soll einladen zum Hinsitzen und über Kultur zu plaudern. «Es soll eine richtige Begegnungszone werden.»
Künstler können ihre Kunst ausstellen
Eine Begegnungszone, die wohl nie ganz fertig sein wird: Die Dekoration solle immer wieder wechseln. «Wir wollen die Schaufenster an Künstler vermieten, damit sie ihre Kunst dort ausstellen können», sagt Glauser Edreira. Dafür befinde sich das Büro auch an einem perfekten Standort: Das Migros und die Post sind in der Nähe, ständig laufen Menschen an dem Büro vorbei.

Derzeit befinden sich in dem Schaufenster kleine Skulpturen, die Glauser Edreira und Sterchi an einem Anlass mit Kindern gebastelt haben. Auch dazu gebe es eine lustige Geschichte, meint Strechi. Es seien auch schon ein paar Menschen wegen der Figuren ins Büro gekommen und haben gefragt: «Sind sie von der Waldspielgruppe?» «So etwas Ähnliches», habe Sterchi geantwortet.
Vielleicht eine Waldspielgruppe, die sich um die kulturellen Bedürfnisse von Menschen jeden Alters kümmert. Und zwar so gut wie möglich: «Im April wollen wir an die Kleinkunstbörse, damit wir sehen können, was dort noch auf dem Markt ist», sagt Glauser Edreira mit Blick in die Zukunft. «Wir wollen einen Mix aus bekannteren und unbekannteren Namen.» Die Menschen sollen einfach «kommen und entdecken», meint Glauser Edreira.

Dieser Artikel erschien ursprünglich auf jungfrauzeitung.ch