2009 veröffentlichte Stefan Haenni sein erstes Buch beim Gmeiner Verlag: Narrentod. Eine Krimi-Geschichte über den Thuner «Fulehung». Der Schriftsteller machte sich in der Schweiz mit Regio-Romanen bekannt – und weitet diese Region immer weiter aus.
Eine weisse Wohnung mit den farbigen Bildern, mittendrin ein grosser schlanker Mann in einem lockeren gemusterten Hemd und grünen Hosen – auf den ersten Blick wirkt Stefan Haenni wie ein Künstler direkt aus einem Bilderbuch. Auch der zweite Blick täuscht nicht.

Sein ganzes Leben lang malte Haenni neben seinem Alltag als Gymnasiallehrer, die vom Arabischen inspirierten Bilder hängen nun in seiner Wohnung. Im Alter von 58 Jahren – inzwischen ist er 64 Jahre alt – hat der Lehrer seine Berufung aufgegeben und den Traum vom Bücher schreiben verwirklicht. Inzwischen hat er fünf Kriminalromane und etliche Kurzgeschichten veröffentlicht. Auch sein neues Buch – Zürihegel – ist gefüllt mit zahlreichen kurzen Verbrechen.
Angefangen hat der Autor allerdings nicht in Zürich, sondern mit Thuner Krimigeschichten. 2009 veröffentlichte er sein erstes Buch «Narrentod». Darin geht es um den «Fulehung», eine wichtige Figur im Thuner Volksfest Aussschiesset. «Ich wollte Geschichten für die Thuner und Thunerinnen schreiben», erzählt der Autor. Deshalb liess er sich auch bei seinen weiteren Romanen von Thuner Geschichten und Persönlichkeiten inspirieren. Bis er die Region ausweitete.
Von Thun über Interlaken nach Bern
Haenni schrieb Geschichten, die in Interlaken und Bern spielten – und neu auch in Zürich. «Ich bin der Oberländer-Autor, der Zürcher Oberländer umbringt», witzelt er. Dabei drehen noch lange nicht alle seine Geschichten um Mord und Totschlag. Als Schweizer Künstler schreibe er auch viele Krimis, die sich um Kunst drehen.
Warum aber schreibt er überhaupt Bücher – und warum Krimis? «Krimi-Romane folgen relativ einfachen Regeln», sagt Haenni. Es gibt ein Opfer, ein Täter, ein Motiv – und ein Charakter, der herausfinden muss, was passiert ist. Zudem mag er keine Liebesromane und über sich selbst schreiben wollte Haenni nicht. «Ich wollte nicht mich selbst als tragende Figur darstellen.»
Eine Abneigung, die vielleicht auch von seinem ersten – unveröffentlichten – Roman herstammt. «Im Lehrer-Seminar habe ich einen kafkaesken Roman geschrieben», erzählt er. Dieser wurde von zahlreichen Verlagen abgelehnt, der Traum vom Autoren-Dasein geplatzt. Rückblickend meint Haenni: «Vielleicht habe ich damals zu früh aufgegeben.»
Genoss das Lehrer-Dasein
Ob er das bereue? «Nein», sagt er ganz klar. Er habe einen anderen Weg gewählt, der in keinem Sinne besser oder schlechter sei. In seinen jungen Jahren konnte er sich als Schweizer Maler etablieren, wurde immer wieder von Botschaften in andere Länder eingeladen. «Durch meinen Job als Lehrer konnte ich diese Reisen auch unternehmen.» Auch seinen Beruf habe er genossen. «Und als ich ihn nicht mehr genoss, habe ich aufgehört.»

Und stattdessen Bücher geschrieben. Eine einsame Tätigkeit – die Haenni aber genau deswegen geniesst. «Wenn ich schreibe, will ich von allen in Ruhe gelassen werden – meist nehme ich nicht einmal das Telefon ab.» Teilweise vergesse er sogar zu essen. Im Schnitt schreibe er ein Buch in rund drei Monaten – eine «intensive, aber schöne Zeit».
Bei diesem Tempo ist auch schon Haennis nächster Roman fertig, zwei weitere sind bereits in Planung. Sein nächstes Buch werde aber erst im Herbst 2023 erscheinen. «Es ist ein historischer Krimi-Roman», verrät er bereits. Und schon wieder wechselt er die Region: Diesmal geht es ins Baselland. Mehr zur Geschichte will der Autor nicht verraten.
Vernissage Anfang September
Bevor sein nächstes Buch erscheint, wird aber zuerst sein jetziger Roman präsentiert. Am 9. September findet im Orell Füssli in Thun die Vernissage statt. Ab diesem Datum wird auch das Buch erhältlich sein.
Neben all dem Schreiben braucht Haenni natürlich auch immer wieder Zeit zum Lesen. Auch in seiner Freizeit liest der Autor vor allem Krimis – mit Vorliebe arabische. «Das Ambiente ist einfach ganz anders als in Schweizer Krimis», erklärt der Autor. Er habe auch bereits ein paar Reisen in die arabischen Länder unternommen – und hat wohl ein bisschen sein Herz dort verloren.

Als nächstes auf der Liste steht allerdings ein heimisches Buch: «Langstrasse» von Andreas Russenberger. Eine Geschichte, die ebenfalls in Zürich spielt. Vom Konkurrenzdenken kann bei Haenni allerding keine Rede sein. Auch wenn beide Krimis schreiben, so schreiben sie doch in einem anderen Milieu – Russenberger als Banker schreibt eher über Finanz-Verbrechen, während Haenni sich immer wieder auf das Thema Kunst fokussiert. «Wir nehmen einander nichts weg», meint er.
Und wie sieht die Zukunft aus? Wie lange er noch schreiben wird, weiss Haenni noch nicht. Vielleicht werde er irgendwann wieder anfangen zu malen und dann werden wohl keine Bücher mehr produziert – «entweder das eine oder das andere, beides zusammen geht nicht». Aber: Solange es ihm Spass mache, können sich seine Leser und Leserinnen noch auf weiteren Stoff freuen – ob aus Thun oder einer anderen Region der Schweiz.
Dieser Artikel ist ursprünglich auf jungfrauzeitung.ch erschienen.