40 Jahre lang betrieben Hansjörg Wegmüller und seine Frau Vroni den Taxidienst in Wengen. Nun haben sie den Betrieb eingestellt. Ein Rückblick.
«Da war früher eine Bäckerei, hier ein Spital und dort eine Metzgerei», erklärt Hansjörg Wegmüller, während wir durch ein Wengen voller Ferienchalets fahren. 40 Jahre lang betrieb er im autofreien Kurort einen Taxidienst, nun wurde der Betrieb eingestellt, die Strassen sind wieder taxifrei. Aber von vorne.

Hansjörg Wegmüller ist in Wengen aufgewachsen. «Ich war in jedem einzelnen Haus», sagt er. Sei es ein Besuch bei Freunden oder die helfende Hand bei einem Umzug. Dass die Menschen Wegmüller kennen, wird schnell klar: Schon auf der kurzen Fahrt zu seinem Zuhause begegnen uns viele strahlende Gesichter. Keine einzige Person vergisst zu Winken. Als Taxifahrer hat er diese Menschen aber sicherlich auch schon tausende Mal gesehen – und umgekehrt.
Wegmüller züchtete früher Pferde
Sogar sein Vater und Grossvater vor ihm waren eine Art Chauffeur: Sein Vater transportierte Menschen mit Kutsche und Pferden, beim Grossvater waren es sogar noch Maultiere. Wegmüller selbst war allerdings nicht sein ganzes Leben lang ein Taxifahrer.
«Früher haben wir Pferde gezüchtet», erzählt er. Im Jura, wo er seine Frau Vroni kennenlernte, wurden diese verkauft. «Wir hatten fünf Pferde, mit denen wir gezüchtet haben.» Auch heute stehen bei ihnen zu Hause – dem Haus in dem Wegmüller aufgewachsen ist – noch Pferde. Allerdings sind es nur noch zwei, gezüchtet wird nicht mehr.
Dass Wegmüller für Wengen lebt, wird nicht nur bei der Fahrt durch das Dorf klar, sondern auch bei der Besichtigung seines Dachstocks. Vollgestellt mit alten Kutschen und Karren wirkt dieser schon beinahe wie ein Museum. Sogar ein alter Leichenwagen lässt sich finden. Neben den Kutschen finden sich aber auch sonst allerhand alte Sachen: eine Schreibmaschine, ein Plattenspieler, eine Sammlung alter Sättel.

Teilweise wissen die Leute nicht einmal mehr, wofür man einen Gegenstand überhaupt braucht, meint Wegmüller, während ein Stück Holz in der Hand hält, dass an beiden Seiten eine Art Gabel hat. «Damit hat man früher die Schafe geschärt», erklärt er. Die Vorder- und Hinterbeine wurden eingespannt, damit sich die Tiere nicht zu fest bewegen konnten.

Zwischendurch hat sich das Ehepaar allerdings schon mal überlegt, aus Wengen wegzugehen. Besonders, da es im autofreien Kurort nicht immer einfach war, einen Taxidienst zu betreiben. Letzten Endes sind sie aber geblieben. «Und jetzt werden wir sicher nicht noch weggehen», meint Wegmüller.
Mit dem Taxifahren aufgehört haben die beiden, weil Wegmüller die Bewilligung nicht mehr bekommen hat. Alleine wollte Vroni den Taxidienst allerdings nicht mehr betreiben, weshalb sie den Betrieb einstellten. Langweilig werden wird es ihnen aber ganz sicher nicht: «Wir haben natürlich genug Arbeit», meint Wegmüller. Denn: Sie machen noch immer Transporte für die älteren Menschen im Dorf, Monteure und Handwerker oder für Umzüge. Auch Ambulanztransporte bieten sie nach wie vor an.
Ehepaar kann sich nun mehr auf ihr Stübli fokussieren
Und auch sonst hat das Ehepaar noch genug zu tun. Neben dem Taxifahren haben Wegmüllers auch ein Stübli auf die Beine gestellt. Dieses kann man für spezielle Anlässe mieten. In Zukunft können sie sich aber auch vorstellen, eine kleine Beiz daraus zu machen. Besonders jetzt, da sie sich nun mehr darauf fokussieren können.


Allerdings wollen sie ihre Freizeit nun auch etwas geniessen. Als Taxifahrer mussten sie jederzeit arbeiten. «Wir mussten auch viel einstecken, besonders auch unsere Töchter», erklärt Vroni. Beispielsweise konnte die Familie selten gemeinsam Mittagessen. Nun aber wollen sie auch etwas Zeit mir ihrer Familie geniessen – besonders, da die beiden nun Grosseltern werden.
Das Ehepaar schaut glücklich auf seine Zeit als Taxifahrer zurück. Natürlich habe es auch immer wieder schwierige Momente gegeben. Alles in allem seien sie aber stolz auf das, was sie erreicht haben. Und nun – nach 40 Jahren arbeiten – haben sie hoffentlich etwas Zeit für sich.
Dieser Artikel erschien ursprünglich auf jungfrauzeitung.ch.